Banner, Facebook-Gruppen und Twitter – die Werbebranche hat schon längst das Internet für sich entdeckt. Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff „Digitales Marketing“? mokant.at hat bei Mario Debout (26 Jahre) nachgefragt, der vor kurzem sein eigenes Unternehmen „Home Digital Full Service“ gründete, das sich genau darauf spezialisiert hat. Warum die Plakatwerbung trotzdem nicht vor dem Aus steht und Käse oder Milch nicht twittern sollte, erklärt er im Interview.
mokant.at: Wie würden Sie jemandem kurz und verständlich erklären, was Digitales Marketing ist?
Mario Debout: Es ist eigentlich ganz einfach erklärt: Digitales Marketing ist alles, was man im Internet sieht, das irgendwie mit Marken zu tun hat; das heißt von Bannerkampagnen über Websites, die ein bestimmtes Produkt promoten, bis zu Facebook-Specials, die irgendwelche Gewinnspiele haben. Es geht darum, alles, was man aus klassischer Werbung kennt – Print, TV, Radio – in die digitale Welt zu übersetzen.
mokant.at: Gibt es Bereiche, die von „Home“ prinzipiell nicht angeboten werden?
Mario Debout: Ja, wir haben uns ganz klar vorgenommen, dass wir ein Digital Full Service sind, das heißt, wir machen keine Plakate, keine Radiospots und keine Fernsehspots, weil wir gemerkt haben, dass es da eine riesige Verunsicherung gibt und dass manchmal weniger mehr ist. Wir sind aus einer klassischen Agentur gekommen, die das 360-Grad-Konzept hatte, das heißt wir hatten alles in einem: Fernsehen, Internet, Radio und Direct Mailing und das war irgendwie zuviel. Wir haben gemerkt, dass der Wunsch beim Kunden da ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil er überfordert ist und auch gar nicht will, dass man da jetzt das große Feuerwerk abfackelt, sondern er eine gesunde Beratung haben möchte.
mokant.at: Gibt es Marken oder Bereiche von Unternehmen, die aus Prinzip nicht beworben werden?
Mario Debout: Außer politischen Kampagnen, wo wir nicht dahinter stehen, eigentlich nicht, nein. Es geht in alle Bereiche hinein, weil die Aufgabenstellungen zwar immer unterschiedlich sind, aber das Medium immer das gleiche ist. Es gibt kein Produkt bei dem wir sagen, da geht das nicht. Unser Creative Director, Florian Matthies, sagt immer: „Ihre Milch muss nicht twittern“. Wir sagen also ganz klar, dass dieser Social-Media-Wahnsinn differenziert betrachtet werden muss. Das heißt, wenn du Fensterhersteller bist, wird es vermutlich nicht so interessant sein für die Facebook-Community, dass du jetzt die neuesten Fenster promotest. Dafür gibt es sicher andere Möglichkeiten, wie man einen Fensterhersteller ordentlich ins Internet bringen kann. Wir verkaufen dem Kunden nichts, was er nicht braucht.
mokant.at: Wenn ich ein Käsehersteller bin, der momentan gravierende Probleme aufgrund des Käseskandales der letzten Monate hat – könnten Sie mir helfen?
Mario Debout: Das ist immer schwierig. Das Internet ist etwas, das irrsinnig viel PR mit sich bringt, und eigentlich auch die Social-Media-Agenturen, die wie Pilze aus dem Boden sprießen, sind nichts anderes als PR-Agenturen. PR-Agenturen in Österreich müssen entdecken, dass es im Digitalen viel Spielraum gibt. Und dass es sehr wichtig ist, dass es nicht funktioniert würde, wenn sie im Internet sagen, Ihr Käse sei super. Das ist auch der Grund, warum die Werbung jetzt revolutioniert worden ist: weil du den Leuten keinen Bären mehr aufbinden kannst. Du kannst sie nicht mehr anlügen. „No more bullshit!“ Wir sagen, ihr müsst jetzt offen auf die Leute zugehen. Wenn du der Käsehersteller bist, musst du beispielsweise sagen: Okay, wir haben Blödsinn gemacht, aber wir machen das und das, um das wieder gut zu machen. Man muss ehrlich auf die Leute zugehen, gerade im Netz. Wenn man versucht, einbahnmäßig zu kommunizieren, dann interessiert es die Leute nicht mehr.
mokant.at: Würden Sie einem Käsehersteller eine Facebook-Fanseite empfehlen?
Mario Debout: (überlegt) Eher nicht. Wenn ich ein Kulthersteller bin wie Brie oder Bel, dann schon, weil es da einen gewissen Kult darum gibt. Ich sag jetzt einmal, die Clever-Eigenmarke braucht keine Käsefanpage.
mokant.at: Aber was könnte in diesem Fall konkret gemacht werden? Twittern wird Käse auch nicht.
Mario Debout: Das ist dann die Aufgabe der Dachmarken. Es gibt ja auch Käsevereinigungen, Gütesiegel welche schon twittern und die klassische Pressearbeit auch online machen sollten. Ich glaube, man kann dann langsam das Vertrauen wieder aufbauen. Dass Online hier die Feuerwehr spielt, sehe ich eigentlich nicht. Vertrauen wieder aufzubauen, braucht Zeit. Da hilft es auch nicht, wenn man eine Facebook-Meldung schickt: „Es ist eh alles gut“. Bestes Beispiel ist das Social-Media-Fiasco bei Nestle & KitKat.
Man muss vor allem schnell reagieren. Von uns wird auch Social-Media-Monitoring betrieben, das bedeutet, wir beobachten, wie viel über ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Marke geschrieben wird. Und wenn wir sehen, der Pegel geht auf einmal hinauf, und vorher gab es aber keine Pressemeldung oder etwas, das die Aufmerksamkeit rechtfertigt, dann ist irgendetwas schief gelaufen. Es gibt ein gutes Beispiel: In den Staaten wurde einem Celebrity das Flugticket gecancelt. Er hat das getwittert, und wenn man da nicht reagiert, geht das raus wie ein Lauffeuer und beeinflusst die Publicity. Aber wenn die Fluglinie merkt, da ist etwas rausgegangen, und auf diesem Twitterkanal antwortet „es tut uns sehr Leid, wir erstatten ihnen das Flugticket zurück, in zwei Stunden geht der nächste Flug“, ist das sofort wieder in positive Publicity umgewandelt. Da muss man schnell sein, aber das ist eigentlich die Aufgabe einer PR-Agentur.
Das vollständige Interview könnt ihr auf mokant.at nachlesen.
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