Wein vs. Lukesch: Smileys

Michaela Wein: Smileys – vollständige Sätze werden überbewertet 😉

Ich mag  Smileys. Ich mag es, mir manchmal keine Gedanken über die passende Formulierung machen zu müssen und momentane Gefühlsregungen mittels kleiner gelber Kreise darzustellen, anstatt ausufernde Sätze und Erklärungen zu tippen.

Im täglichen Arbeitswahnsinn besteht der Kontakt zur Außenwelt aus einem Chatfenster, das regelmäßig piepender- und blinkenderweise um Aufmerksamkeit bettelt. Langatmige Ausführungen sind jedoch eher störend, Smileys dagegen bringen kurz und prägnant auf den Punkt, welche Emotion gerade in einem aufwallt. Smileys sind die Mimik des Computers, der ansonsten immer gleich penetrant vor sich hin surrt und einen nur in den seltensten Fällen zum Lachen bringt.

Aber da gibt es noch die andere Sorte Mensch. Diejenigen, die vollständige Sätze formulieren, falsch getippte Wörter im Chat ausbessern und sich über fehlende Satzzeichen beschweren. Die sich bei jedem “ihc” und “wshreinilch” die Haare raufen und beschließen, einem ein Wörterbuch zum nächstmöglichen Anlass zu kaufen. Die unsereins, die mit Smileys jeglicher Art um sich schmeißen, als einfältig und intellektuell verkümmert bezeichnen.

Delfine im Tunfischsalat, kann ich dazu nur sagen. Und Ärzte-Fans wissen jetzt, was ich meine. Ich schreibe unzusammenhängende, grammatikalisch unvollständige Sätze, sobald das Chatfenster offen ist. Vergesse auf Groß- und Kleinschreibung, mache mir nicht die Mühe, ausschweifende Texte zu tippen. Sobald es darum geht, Stimmungen zu beschreiben, bediene ich mich der Vielzahl an Emoticons. Und eben dies erwarte ich auch von meinem virtuellen Gegenüber: Ich möchte gelbe Kreise sehen und mich an ihnen erfreuen, nicht eure ewig langen Ausführungen lesen! Es liegt ohnehin nur an eurer freudlose Existenz und Zwanghaftigkeit, selbst bei so banalen Dingen wie einem Chat pingelig und besserwisserisch zu sein.

Was ihr nämlich nicht bedenkt: Manche Gefühlsregungen könnt ihr gar nicht niederschreiben. ” :‘( ” ist viel eingängiger als “ich bin traurig”. Ein Zwinker-Smiley relativiert so manch ironische Bemerkung, die beim Gegenüber falsch ankommen würde. Nicht umsonst heißt es immer, Diskussionen solle man lieber nicht virtuell stattfinden lassen.  Noch kniffliger wird es bei anspruchsvolleren Smileys – denn wer Skype hat und schon einmal die Skype-Buchstabenkombination (heidy) ausprobiert hat, soll mir mal erklären, wie er seinem Gegenüber mit dem Satz “Ich bin ein Eichhörnchen und knabbere an einer Nuss” das vermittelt, was mit diesem putzigen Tierchen gemeint ist. Ein Bild kann hier so viel mehr ausdrücken als ihr es mit eurem verkümmerten Wortschatz je könntet.

Apropos Wortschatz, Herr Lukesch: wer Postings, die aus “mhrm”, “hihi” und “yea”“ bestehen Smileys vorzieht, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen. Und weil wir vorhin beim Thema Skype waren: tippt ” 8-| ” ein und vergleicht das Emoticon mit dem Foto von Oliver Lukesch – ihr werdet staunen!

 

Oliver Lukesch: Ich mag Smileys 😉 Nein ehrlich 😉 Smileys sind spitze 😉

Manche Leuten behaupten, Smileys seien die Gestik und Mimik des Internets. Und sie haben vollkommen recht! Ob meinem Gegenüber gerade die Sonne aus dem Hintern scheint oder er bzw. sie gerade angepisst wie ein Hydrant vor dem Computer kocht – ein einzelnes Zeichen genügt und ich bin im Bilde. Und das  im wahrsten Sinn des Wortes. Die ganze Komplexität der menschlichen Gestik hat selbstverständlich und ohne die geringsten Zweifel in diesen wenigen, blinkenden Pixeln Platz. Jetzt mal ehrlich, wer kann von sich behaupten, im alltäglichen Leben jemals mehr als ein zwinkerndes Auge oder einen breit grinsenden Mund gebraucht zu haben?

Smileys sind das Schweizer Taschenmesser der Kommunikation im Web und der endgültige Beweis dafür, dass unser Schulsystem von vorgestern ist. Sobald mich mein sowie schon in der Tafelklasse stecken gebliebener Wortschatz wiedermal aufs derbste im Stich lässt oder die Inhalte meines Gegenübers meine intellektuellen Kapazitäten übersteigen wie Reinhold Messner den Everest, reicht diese unscheinbare Kombination aus Beistrich und Klammer um alles zu sagen, was ich sagen will. Und das Tolle – mein Gegenüber versteht auch alles, was er oder sie verstehen will! Eine kleine, einfache Grafik und jeder ist glücklich.

Oft schon hab ich mir den Kopf darüber zerbrochen, was wohl die effektivste Sprache auf unserer schönen Welt sei. Einer dieser romanischen Buchstabensalate mit derer unglaublichen Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten? Oder doch eher eines dieser Bilderrätsel aus dem asiatischen Bereich der Landkarte, bei denen einzelne Zeichen den 3 ½ fachen Inhalt von „Krieg und Frieden“ zu transportieren vermögen? Alles Schwachsinn, alles falsch gedacht. Denn jetzt weiß ich es: Smileys sind die Universalsprache der Welt.

Goethe würde sich in seinem Grab die Haare raufen, wüsste er von unserer revolutionären Vereinfachung der deutschen, ja überhaupt jeder Sprache. Den ganzen Faust hätte er in einer Zeile abhandeln können. Denn, das beste zum Schluss: Smileys sparen Zeit und verkürzen die Kommunikation extrem! Mehr Zeit, um die vielen anderen, sich um meine Zuwendung prügelnden Chatfenster, mit tiefgründigen Inhalten zu beglücken. Mit Smileys etwa 😉

Glossen erschienen auf subtext.at und mokant.at

Fotos: Michaela Wein/Oliver Lukesch