Wein vs. Lukesch: Sonne, die gelbe Sau

Oliver Lukesch: Ich gebs ja zu: ich bin sonnensüchtig.

Die letzten Tage waren für den Hugo. Ich war produktiv wie ein Stück Brot, grantig wie ein Wiener Oberkellner und depressiv wie Junkie auf Entzug. Und alles nur wegen der Sonne, dieser gelben Sau.

Ich bin kein Blumenkind. Sandalen sind mir lästig, Trommelworkshops machen mich aggressiv, im Gras liegen ist was für Leute ohne Notizbuch und Todo-Liste. Ich bin auch kein Beachboy, für Muskelshirts fehlt mir die Substanz. Im Generellen verwehre ich mich jedwedem Stereotyp im Zusammenhang mit Sonnenanbetern. Schwarz war mir lange Zeit wie eine zweite Haut und ist nach wie vor eine gern gesehene Farbe auf meinem Körper. Aber dennoch, es muss raus: ich bin süchtig nach Sonnentagen!

Irgendwo in der näheren Verwandtschaft muss sich eine Pflanze in meinen Genpool geschlichen haben. Vermutlich meine Großmutter, die alte Giftspritze. Anders kann ich mir meine Abhängigkeit von dieser grinsenden Gaskugel nicht erklären. Nicht dass ich sie brauche, um mir gute Laune ins Gemüt zaubern zu lassen. Gute Laune hab ich nach einem spritzigen Buch, vier Bier oder einem derben Witz über die katholische Kirche. So profan ist mein Verhältnis zur Sonne nicht, nein, sie ist für mich mehr.

Sonnenschein ist mein Stachel im Hintern, mein AC/DC Konzert unter der Haut, mein Schuss Adrenalin mitten ins Herz. Wofür ich mich bei Wolkenhimmel mittels eines verantwortungslos hohen Konsums von Energy-Drinks und anderen Stimulantia stundenlang abfrette, erledige ich bei Sonnenschein im Handumdrehen. Selbst inhaltliche Nichtigkeiten wie dieser Text fließen mir an Sonnentagen aus den Fingern wie Bier beim Oktoberfest oder Öl in den mexikanischen Golf. Als ob mir mein Körper sagen möchte: wenn du schon ein Rädchen im System sein willst, dann lass dich dafür wenigstens mit Serotonin und was an Glückshormonen sonst noch keucht und fleucht entlohnen. Ohne kannst du mich vergessen.

Nicht dass ich etwas gegen ein deftiges Gewitter einzuwenden hätte. Was gibt’s geileres als einen ordentlicher Regenspaziergang wenn es donnert wie bei Ottfried Fischer am Klo. Aber dieser konstant graue Himmel der letzten Wochen? Lieber mit Schweißsocken in der Nase Straßenbahnfahren!

Michaela Wein: Die Sonne, die gelbe Sau

„Wo ist der Sommer?“ „Wann hört es auf zu regnen?“ „Wofür mach ich mir überhaupt noch eine Frisur?“ „Es soll endlich warm werden!“ Ja verdammt, wir haben es kapiert! Es regnet! Huhu, lasst uns traurig sein und uns verkriechen, immerhin leben wir doch sonst im Land des Sonnenscheins. Oder so.

Ihr Lulus! Wenn’s kalt ist, jammert ihr. Wenn’s heiß ist, zergeht ihr. Wenn die Sonne scheint, seid ihr geblendet. Und wenn’s regnet – tja, dann werdet ihr halt nass. In Wahrheit offenbart sich dieser Tage doch wieder einmal nur die Suderer-Mentalität der heimischen Bevölkerung. Wer zudem in der Hauptstadt lebt, kann sich der herrlichen Wiener Grantigkeit voll und ganz hingeben. Das Wetter hat sich unserem Gejammer endlich angepasst. Ihr habt es nicht anders verdient!

In Wahrheit ist das Wetter super: Denn der Regen ist die Rettung vor Schweißgeruch in der U-Bahn, die Vermiesung des sinnlosen In-der-Sonne-Lernens, der Frischluftzug in der stickigen Wohnung und das Ende der radfahrsüchtigen Drahteselbesitzer. Es REGNET, jawohl, den dunklen Wolken am Himmel sei Dank, denn endlich sind wir verschont vor grauslichen Schwitzemenschen und noch viel grauslicheren Kleidungs No-Gos wie das Zeigen von Speckbäuchlein all jener die glauben, im Sommer bauchfrei herumlaufen zu müssen. Die Menschheit ist voll bekleidet, bewegt sich endlich in einer angemessen Geschwindigkeit fort und schlendert nicht mehr im Weg herum. Und – nichts Schöneres, als dem Feind, nämlich allen Wesen, die einem zu nahe kommen, mit dem Regenschirm eine zu verpassen. Natürlich unabsichtlich. Wirklich.

Schluss mit dem Nicht-Schlafen-Können, weil es in der Wohnung zu heiß ist. Das Abspecken für die Bikinifigur? Vollkommen unnötig. Und das mit der Frisur ist auch nicht mehr ganz so ernst zu nehmen, weil’s letztendlich eh wurscht ist und wir, sobald wir das Haus verlassen haben, kollektiv scheiße aussehen. Endlich ist Zeit, um wirklich zu lernen, anstatt die Lernsachen ins Freibad und ungelesen, dafür in Sonnencreme getunkt, wieder nach Hause zu tragen.

Macht euch keine Sorgen, es wird früh genug sonnig. Insgeheim seid ihr doch ohnehin froh darüber, dass ihr granteln könnt. Und dass ihr diese klobigen Trekkingsandalen an den Füßen eurer Mitmenschen nicht sehen müsst.

Glossen erschienen auf mokant.at und subtext.at

Fotos: Michaela Wein/Oliver Lukesch